Samstag, 24. Juli 2010

Stille und Dankbarkeit


Ein gelehrter Mönch durchwanderte mit seinen Schülern ein abgelegenes Tal. Er bemerkte, dass sie ständig darüber in Streit gerieten, was wohl das Größte sei, das sie der Welt und sich selbst zu geben hätten.

„Es kann dies nur die vollkommene Auflösung der Leidenschaften sein“, sagte einer von ihnen, der sehr asketisch veranlagt war.

„Es wird wohl unsere vorbildliche Lebensweise für das Volk sein“, meinte ein anderer, der sich seiner Wichtigkeit bewusst war.

„Ich weiß, dass es nur die absolute Befolgung der göttlichen Lehren sein kann“, sagte ein dritter. Er war der eifrigste unter den Schülern des alten Mönches.

Als die Sonne hoch am Himmel stand und die Hitze beinahe unerträglich wurde, führte sie der Meister zu einem schattigen Ruheplatz am Fluss. Dort reichte er jedem von ihnen einen Apfel und einen Becher mit kühlem Wasser. Schweigend und dankbar nahmen sie die Erfrischung zu sich. Da sagte der Mönch leise:

„Das größte Geschenk,
das wir uns selbst bereiten können,
ist die Haltung der Dankbarkeit.

Das größte Geschenk,
das wir unseren Mitmenschen anzubieten haben,
ist ein Leben aus der inneren Stille.“


Die Schüler verneigten sich tief vor diesem Augenblick. In ihm lag verborgen, wonach sie so lange gesucht hatten.

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